In den letzten zwei Tagen kam es in Griechenland zu massiven Unwettern. Die Ausmaße, gerade im südwestlichen Teil Thessalien, sind folgeschwer – leider wurden auch wir in Karditsa nicht davon verschont. Durch extreme Niederschläge und dadurch entstandene enorme Wassermassen (174 Tonnen/qm2) brachen die Dämme und der See trat über. Eine absolute Katastrophe!
Noch während der dramatischen Regenfälle am Donnerstagmorgen fuhren Evi, Marina und Vaitsa zu den verschiedenen Plätzen und dem neuen Tierheim. Sie nahmen Hunde mit ins Auto, hievten sie mitsamt Hütten auf die obere Straße, in die (bis dato noch trockenen) Bungalows, brachten Welpen und alte/kranke Hunde in nahegelegene Gewerbehallen, öffneten noch mit letzter Kraft alle Tierheimtore.
Gestern Morgen noch fuhren Evi, Vaitsa, Marina & Thanasis sofort zu den Tieren – trotz Lockdown, Fahrverbot, Hochwasser auf allen Straßen und unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Das Feedback am Abend ließ uns dann endlich aufatmen: Die geretteten Tiere in den Lagerhallen, auf den Straßen vor dem Tierheim und den einzelnen Plätzen scheinen wohlauf zu sein!
Einige haben sich wieder vor den Toren eingefunden, erwarteten unsere Tierschützer bereits mit wedelndem Schwanz und lautem Gebell. Nicht alle Tiere sind wieder da, einige werden noch vermisst, aber zumindest hatten sie alle eine Chance… Wir hoffen so sehr, dass sie sich in der nächsten Zeit wieder einfinden, und wir sie wieder sicher in unsere Arme schließen können
Beide Tierheime stehen aktuell noch unter Wasser, so dass die Hunde weiterhin noch auf ihren derzeitigen Plätzen verweilen müssen. Alle Hundehütten die noch halbwegs brauchbar sind, wurden aus dem Wasser gezogen und an den Straßen und verschiedenen Firmenplätzen aufgestellt. Glücklicherweise hat es aufgehört zu regnen, so dass der Wasserspiegel nicht mehr weiter steigt – aktuell herrschen wieder 27 Grad, es ist verrückt!
Sofern wir den Wettervorhersagen Glauben schenken dürfen, wird es in nächsten Tage bei 26/27 Grad bleiben, so dass wir auf eine schnelle Austrocknung der Wassermassen hoffen können. Leider wird das Trinkwasser nun aber knapp, denn die Bevölkerung ist weiterhin vom Straßennetz abgeschnitten, hat nur teilweise Strom, kein sauberes Wasser und es gibt keinerlei Möglichkeit Lebensmittel zu kaufen. Das Militär versorgt gerade notdürftig was zum Verteilen vorhanden ist, bis gestern standen jedoch immer noch Bewohner auf den Dächern ihrer Häuser und warteten auf Hilfe.
Evi schreibt uns über das Erlebte: “Heute war es sonnig, ohne Regen, und das Wasser zieht sich glücklicherweise schon langsam zurück. An einigen Orten ist noch ein sehr hoher Wasserstand und massenweise Schlamm, trotzdem war es ein erfolgreicher Tag. Wir haben wieder einige Hunde zurück ins Shelter gebracht, auch wenn dafür noch nicht die besten Voraussetzungen gegeben sind. Doch die Fabrik nebenan, auf deren Gelände wir jede Menge Hunde geparkt hatten, hat wieder ihre Tore geöffnet und die Leute beginnen dort mit den Aufbaumaßnahmen. Die Hunde liefen hierdurch alle auf die Straße und waren dort jeder Menge Gefahren ausgesetzt. Unser größtes Problem aktuell ist auch, das das Trinkwasser – wir haben einfach keins. Unser Team hat angefangen, Wasser von unseren privaten Haushalten ins Shelter zu transportieren, wir haben eingepackt was wir nur konnten… In den nächsten Tagen wird sich das Wasser weiter zurückziehen, und wir rechnen mit großen Schlamm- und Müllresten, die dann liegenbleiben werden. Es wird viel an Aufbau- und Reinigungsarbeiten geben, aber wir tun unser Bestes – auch wenn wir alle körperlich und mental total erschöpft sind.
Ich erhielt zudem auch einen Anruf der Polizei, dass ein alter Mann mit einem Streunerhund (um den er sich immer kümmert) auf dem Dach seines Hauses stand. Für 3 ganze Tage!!!, bevor ein Helikopter des Militärs ihn dort herunterholen konnte. Er bat darum, den Hund mitnehmen zu dürfen, doch bekam keine Erlaubnis – so musste er ihn zurücklassen und bat uns um Hilfe. Wir haben den Hund vom Dach gerettet und ihn bei uns aufgenommen. SIE heißt nun Daniela (in Erinnerung an das Sturmtief “Daniel”, welches uns diese Katastrophe bescherte) und ist eine unfassbar liebe Hündin. Lasst uns hoffen, dass sie eines Tages die Möglichkeit erhält, ein besseres Leben als hier führen zu dürfen.” Ihre Rettungsaktion ging sogar durch die griechische Presse.
Wir haben seit gestern bereits wahnsinnig viele Spenden erhalten, sowohl in finanzieller als auch in materieller Form! Unsere Telefone und Postfächer laufen heiß, und es ist unfassbar bewegend, wieviel Anteilnahme uns von Ihnen ausgesprochen wird. Wie immer fehlt es uns an Worten (und inzwischen auch an Zeit) hierfür einen geeigneten Dank auszusprechen! Eine Katastrophe in dieser Größe zu bewältigen, zu begleiten und auch im Sinne der Menschen aus Karditsa zu koordinieren, ist auch für uns neu. Wir erhalten viele Fragen und Ratschläge, und nein… auch wir können leider (noch) nicht alles beantworten. Dennoch haben wir nach Rücksprache mit Evi folgende Wunschliste erstellt, die zum derzeitigen Stand die größte Hilfe für sie darstellt:
* Hundefutter (speziell Trockenfutter, Marke egal)
* warme Decken
* große Handtücher
* Hundehütten
* Schnellstmögliche Pflegestellenplätze für die Hunde in Deutschland
* Geldspenden auf unser Spendenkonto oder per Paypal an spenden@tiere-in-not-griechenland.de (bitte per “Familie & Freunde)
Zudem freuen wir uns über das Aushängen und Teilen unseres S.O.S-Aufrufes, sowie das Verbreiten unserer Aufrufe in Facebook und bei Instagram. Sachspenden können bei unseren Sammelstellen abgegeben oder per Post an uns verschickt werden, die Anschriften hierzu finden Sie unter Sachspenden sammeln.
Aktuell sind in Karditsa noch keine Läden geöffnet, und es ist fraglich wann dort generell wieder Hundefutter bezogen werden kann. Es ist daher notwendig, die jetzt so wichtigen Lieferungen sofort aus Deutschland zu starten, parallel werden wir am Donnerstag mit dem Vorstandsteam persönlich nach Griechenland fliegen und alles was nur geht mitnehmen. Hundefutter werden wir vor Ort kaufen und es bis nach Karditsa bringen, so dass zumindest ein paar Futtersäcke zur Fütterung vorhanden sind. Wir wissen selbst nicht, ob wir bis dahin nach Karditsa vordringen können, aber einen Versuch ist es wert. Nadine, Carola und Nicole werden parallel von Deutschland aus den Sachspendentransport über unsere Spedition starten.
10.09.2023
Die Wassermassen weichen langsam der wieder beginnenden Hitze von 30 Grad, und wir sind unendlich dankbar für diese Temperaturen! Die ersten kleinen Flächen im neuen Tierheim sind schon wieder begehbar… überall liegt nun Schlamm, Matsch und Müll herum. Evis Team hat bereits mit den Aufräumarbeiten begonnen und auch die ersten Hunde konnten von der Straße (oder ihren vorübergehenden Bleiben) wieder zurück ins Shelter gebracht werden.
…
27.09.2023
Leider hat es in den letzten Tagen in Karditsa wieder geregnet, und das Wasser in den umliegenden Dörfern ist wieder gestiegen. Evi ruft verzweifelt um Hilfe über die sozialen Medien, sie schreibt: “Wir füttern weiterhin die Tiere, die in den betroffenen Gebieten übrig geblieben sind. Zum Glück hat der Regen nicht ausgereicht, um das ohnehin schon Furchtbare erneut zu verschlimmern. Doch die Dörfer sehen aus wie in einem Horrorfilm! Derselbe Terror, den sie schon hinter sich haben, beginnt von vorne… all die Tiere, die diese Tragödie überlebt haben, die in den Trümmern verzweifelt noch nach Nahrung suchen und Hoffnung auf sauberes Wasser haben… Streuner, Hunde mit ursprünglichem Zuhause, keiner weiß woher sie alle kommen… Was wir jedoch wissen ist, dass alle Bewohner aus den Dörfern gegangen sind, und nur noch die Tiere übrig sind, die täglich auf jemanden warten. Nur wenige Menschen schlafen noch dort, meistenteils in der Dorfkirche, um die Tiere dort am Leben zu halten. Doch sie kämpfen selbst mit Asthma, sind am Ende ihrer Kräfte. Ihre Bitte, Nahrung für Ziegen und Schafe zu spenden, Heu oder Gras, ist der einzige Wunsch den sie haben. Es ist ein Aufruf für alle dort lebenden Tiere die zurückgelassen wurden, und welche aufgrund von Krankheiten und dem kommenden Winter mit Sicherheit nicht überleben werden. Es werden mehr als dringend Pflegeplätze und Heime gesucht, alle Shelter von uns sind voll und mehr geht nicht. Lassen Sie uns gemeinsam das schaffen, was nötig ist um zu helfen!”